Leitsatz
Die Wohnungseigentümergemeinschaft muss vor der Beauftragung eines Rechtsanwalts – auch bei Abschluss einer Honorarvereinbarung – keine Alternativangebote einholen. Dies gilt entsprechend für die Beauftragung von Gutachtern.
Sachverhalt
Die Eigentümerversammlung einer WEG beschloss, eine renommierte Rechtsanwaltskanzlei zur Geltendmachung von Mängelansprüchen gegen den Bauträger zu beauftragen und hierfür eine Sonderumlage zu erheben. Zudem sollte die Verwaltung eine Honorarvereinbarung abschließen, gedeckelt auf 300 EUR netto pro Anwaltsstunde und 150 EUR netto pro Sekretariatsstunde. Ein Eigentümer klagte gegen den Beschluss und machte u.a. geltend, es hätten Alternativangebote eingeholt werden müssen. Während das Amtsgericht die Klage abwies, gab das Landgericht ihr statt. Die WEG legte Revision ein.
Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat die Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft für wirksam erklärt. Eine Pflicht zur Einholung von Alternativangeboten vor Anwaltsbeauftragung bestehe nach Auffassung des Senats nicht, auch wenn eine Honorarvereinbarung geschlossen werden soll. Der BGH betont, dass Vergleichsangebote lediglich in eng umrissenen Konstellationen – wie etwa der Bestellung des Verwalters – verlangt werden. Für den Abschluss eines Anwalts- oder Gutachtervertrags ist dies nicht erforderlich. Ein Preisvergleich sei hier nicht zielführend, da neben der Vergütung vor allem die persönliche und fachliche Eignung sowie das Vertrauensverhältnis maßgeblich seien. Entsprechendes gilt für die Beauftragung von Sachverständigen.
Praxishinweis
Die Entscheidung bringt Erleichterung für die Verwaltungspraxis vieler Wohnungseigentümergemeinschaften: Es kann nun auf zeitaufwändige und oft wenig aussagekräftige Preisvergleiche verzichtet werden. Das Auswahlermessen der Gemeinschaft konzentriert sich auf Erfahrung, Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit des gewählten Mandatsträgers. Nur für die Bestellung des Verwalters und bestimmte Ausnahmekonstellationen gilt nach wie vor die Einholung von Alternativangeboten als zwingend.
Jens Schulte-Bromby