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Vorgetäuschter Eigenbedarf kann sehr teuer werden

LG Berlin, Urteil vom 28.02.2024 – 66 S 178/22

Leitsätze

1.
Nach einer vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung hat der ehemalige Mieter einen Anspruch auf Auskunft über die Höhe der Miete, die der Vermieter von einem neuen Mieter erhält (§ 242 BGB).

2.
Das Rechtsschutzinteresse ergibt sich aus einem möglichen Anspruch des Mieters, die Differenzmiete als Ersatz nach § 285 Abs. 1 BGB heraus zu verlangen.

Sachverhalt

Ein Mieter hatte seine Wohnung aufgrund einer Eigenbedarfskündigung geräumt. Später stellte sich heraus, dass der behauptete Eigenbedarf nur vorgetäuscht war. In einem früheren Verfahren wurden dem Mieter bereits Umzugskosten als Schadensersatz zuerkannt. Nun verlangte der Mieter Auskunft über die Höhe der durch die Nachvermietung erzielten Miete, um mögliche weitere Ansprüche prüfen zu können. Das Amtsgericht wies die Klage ab, da die Neuvermietungsmiete angeblich für Schadensersatzansprüche irrelevant sei. Der Mieter legte Berufung ein.


Entscheidung

Das Landgericht Berlin gab dem Mieter Recht und bejahte einen Auskunftsanspruch nach § 242 BGB. Zwar sei die Kenntnis der Nachvermietungsmiete nicht direkt für Schadensersatzansprüche erforderlich. Jedoch könnten nach § 285 Abs. 1 BGB Differenzbeträge aus der Neuvermietung als Ersatz für den nicht mehr rückgängig zu machenden Verlust der Wohnung verlangt werden. Entscheidend sei die Identität des Gegenstands – die Wohnung –, die sowohl dem ursprünglichen als auch dem neuen Mieter überlassen wurde.


Relevanz für die Praxis

Das Urteil betritt juristisches Neuland, da es einen Anspruch auf Herausgabe von Differenzmieten grundsätzlich bejaht. Dies eröffnet Mietern nach vorgetäuschtem Eigenbedarf neue rechtliche Möglichkeiten und stärkt deren Position gegenüber vertragsbrüchigen Vermietern. Besonders hervorzuheben ist, dass das Landgericht hier auf eine frühere BGH-Entscheidung verweist, jedoch von deren restriktiver Sichtweise abweicht. Das Urteil fördert die Durchsetzung von Mieterrechten und schafft ein effektives Mittel zur Sanktionierung von Vertragsverletzungen.

Praxistipp

Mietern, die von einer vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung betroffen sind, wird empfohlen, neben Schadensersatzansprüchen auch einen Auskunftsanspruch zu prüfen. Vermieter sollten sich der weitreichenden Folgen bewusst sein, die ein Missbrauch von Eigenbedarfskündigungen mit sich bringen kann.

 

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Ihr Ansprechpartner

Jens Schulte-Bromby, LL.M.

Jens Schulte-Bromby, LL.M.