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Urteilsbesprechung zum BGH, Urteil vom 24.09.2025 – VIII ZR 289/23
Eigenbedarfskündigung trotz beabsichtigtem Wohnungsverkauf nach Umbau?

1. Ausgangssachverhalt

Im Streitfall hatte die Eigentümerin eines Mehrparteienhauses in Berlin das Mietverhältnis mit einer seit 2006 dort wohnenden Mieterin wegen Eigenbedarfs gekündigt. Der Eigentümer selbst bewohnte die direkt über der Mietwohnung liegende Einheit und plante, das nicht ausgebaute Dachgeschoss zu seiner Wohnung hinzuzufügen, um anschließend die vergrößerte Wohnung zu verkaufen. Während der Umbauarbeiten wollte er die Mietwohnung selbst nutzen und danach dauerhaft in diese umziehen.

2. Vorinstanzen

Während das Amtsgericht der Klage stattgegeben und auf Eigenbedarf erkannt hatte, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Landgericht stufte die Kündigung als sogenannte „Verwertungskündigung“ ein (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB), deren Voraussetzungen jedoch nicht vorlagen, da wirtschaftliche Verwertung im Vordergrund gestanden habe, nicht aber ein Bedürfnis, gerade die Mietwohnung selbst zu nutzen.

3. Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Fall zurück. Der wesentliche Kern der Entscheidung: Die Anforderungen für eine Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB dürfen nicht überspannt werden.

Maßgeblich ist, dass der Eigentümer eine nachvollziehbare und ernsthafte Absicht hat, die Wohnung selbst zu nutzen.

Es spielt keine Rolle, ob die Lebensumstände des Eigentümers durch den Wechsel von der bisherigen eigenen Wohnung in die Mietwohnung wesentlich verändert werden.

Der BGH stellt klar, dass der Vermieter auch dann Eigenbedarf geltend machen kann, wenn er diesen selbst herbeigeführt hat (hier: durch geplanten Umbau und anschließenden Verkauf der eigenen Wohnung). Der BGH grenzt insbesondere ab, dass ein solcher Sachverhalt nicht mit einer Verwertungskündigung gleichgesetzt werden darf, bei der allein das wirtschaftliche Verwertungsinteresse im Vordergrund steht.

Die Absicht, durch Verkauf nach Umbau einen höheren Gewinn zu erzielen, nimmt für sich genommen der Eigenbedarfskündigung nicht ihre rechtliche Wirksamkeit.

4. Praxishinweis – Bedeutung für die Rechtsanwendung

Mit dieser Entscheidung präzisiert der BGH seine langjährige Rechtsprechung zu Eigenbedarfskündigungen. Für die Praxis bedeutet das:

Auch strategische Überlegungen des Vermieters (Eigennutz nach Umbau und anschließende Veräußerung der bisherigen eigenen Wohnung) können ein legitimer Eigenbedarf sein, solange der Nutzungswunsch ernsthaft und nachvollziehbar ist.

Nicht zulässig ist es, pauschal einen Rechtsmissbrauch anzunehmen, nur weil größere Parallelen zwischen den betroffenen Wohnverhältnissen bestehen oder weil ein wirtschaftlicher Vorteil angestrebt wird. Gleichzeitig bleibt es bei der Verpflichtung der Gerichte, jeden Einzelfall besonders sorgfältig daraufhin zu prüfen, ob tatsächlich ein Eigenbedarf vorliegt oder etwa der geltend gemachte Wohnbedarf nur vorgeschoben wird.

5. Fazit

Das Urteil schafft Rechtssicherheit in Fällen, in denen Eigenbedarf auch mit einer Umstrukturierung der Wohnverhältnisse und anschließender Veräußerung verbunden ist. Vermieter haben einen breiten Gestaltungsspielraum, müssen jedoch ihre Motivation und Lebensplanung stets substantiiert darlegen. Mieter wiederum behalten den Schutz vor vorgeschobenen Eigenbedarfskündigungen – deren Ernsthaftigkeit ist und bleibt sorgfältig zu prüfen.

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Ihr Ansprechpartner

Jens Schulte-Bromby

Jens Schulte-Bromby