Die Kanzlei U+C aus Regensburg hat die Republik gerade mit einer Abmahnwelle historischen Ausmaßes überzogen. In der Abmahnung wird eine Urheberrechtsverletzung zum Nachteil der vertretenen “The Archive AG” behauptet. Vorwurf ist das Streaming von angeblich urheberrechtlich geschütztem Videomaterial auf dem Portal Redtube.com. Die Abmahnungen sind rechtlich unter mehreren Gesichtspunkten interessant:
Das Anbieten von urheberrechtlich geschütztem Material in Form von Streaming ist unzulässig. Dies ist allgemein anerkannt. Bei der Abmahnung geht es jedoch um das Ansehen also das tatsächliche "streamen".
Dieser Fall unterscheidet sich von den klassichen "Filesharing-Abmahnungen" dadurch, dass nicht das Verbreiten urheberrechtlich geschützten Materials vorgworfen wird, sondern der schlichte Konsum.
Es wird in der Abmahung tapfer, aber falsch behauptet, dass die technisch notwendige Zwischenspeicherung im Cache des Rechners ein "Vervielfältigen" gem. § 16 UrhG darstelle. Zum Beleg wird auf das Urteil eines Schöffengerichts, also eines Strafgerichts (AG Leipzig) verwiesen. Das allein zeigt die Hilflosigkeit, denn es ist keineswegs ausgemacht, dass diese entlegene Auffassung zutrifft. Im Gegenteil sie steht im Widerspruch zu den Wertungen des EUGH.
In Einklang mit dem EuGH ist das Zwischenspeichern beim Streaming eine nur vorübergehende Vervielfältigungshandlung iSd § 44a UrhG, wenn der gespeicherte Stream sofort mit dem Ende des Abspielvorgangs automatisch gelöscht wird. Gem. § 44a UrhG sind "vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,eine rechtmäßige Nutzung eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben" zulässig.
Losgelöst von diesen technischen Fragen stellt sich die Frage, ob Pornovideos überhaupt urheberechtlichen Werkschutz geniessen können. Da an sich - zwar möglicherweise variantenreich - lediglich die sexuelle Begegnung zwischen Menschen plastisch dargestellt wird, mangelt es an Originalität und damit an der für den urheberrechtlichen Werkschutz erforderlichen so genannten "Schöpfungshöhe".
Fazit von Rechtsanwalt Jens Schulte-Bromby aus Neuss:
Die Abmahnungen der Kanzlei U+C sind rechtlich zweifelhaft. Die pauschalierte Summe in Höhe von 250 EUR ist bewusst und geschickt gewählt, um die Adressaten - nicht zuletzt wegen des pikanten Inhalts der Videostreams - dazu zu veranlassen zu zahlen. Davon raten wir ab!
Wir beraten Sie gern.
Jens Schulte-Bromby, LL.M.