Keine Wasser-Abstellung durch den Vermieter während Räumungsprozess
Sachverhalt:
Zwischen Vermieter und Mieter von Büroräumen kam es zum Streit über eine außerordentliche Kündigung wegen angeblicher Vertragsverstöße des Mieters. Während der laufenden Räumungsklage kappte der Vermieter die Wasserversorgung in den Geschäftsräumen. Der Mieter beantragte daraufhin eine einstweilige Verfügung, um die Wasserversorgung wiederherzustellen.
Entscheidung:
Das OLG Hamburg gab dem Mieter Recht (Urteil vom 05.02.2025 – 4 U 95/24). Der Vermieter wurde verpflichtet, die Wasserversorgung bis zum Auszug wiederherzustellen und eine weitere Versorgungssperre zu unterlassen – sofern der Mieter weiterhin die vereinbarte Miete und Betriebskosten leistet.
Auch nach Beendigung des Mietverhältnisses können nachvertragliche Pflichten bestehen bleiben. Maßgeblich ist hier § 242 BGB (Treu und Glauben). Das Gericht stellte klar: Ein Vermieter darf nicht eigenmächtig Medien wie Wasser oder Strom abstellen, solange der Mieter berechtigte Interessen an der weiteren Versorgung nachweisen kann – etwa zur Vermeidung erheblicher Schäden im laufenden Geschäftsbetrieb.
Praxishinweis:
Die Entscheidung stärkt die Rechte gewerblicher Mieter in Räumungssituationen. Auch wenn ein Mietvertrag beendet wurde, bleibt der Vermieter bis zur tatsächlichen Rückgabe der Mietsache verpflichtet, grundlegende Versorgungsleistungen aufrechtzuerhalten – zumindest dann, wenn der Mieter seinen Pflichten weiterhin nachkommt.
Versorgungssperren können als „verbotene Eigenmacht“ gewertet werden und Schadenersatzansprüche nach sich ziehen. Vermieter sollten daher während eines laufenden Räumungsprozesses äußerste Zurückhaltung üben, um keine rechtlichen Risiken einzugehen.
Hinweis für die Praxis: Die Entscheidung steht in einer Linie mit früherer BGH-Rechtsprechung (z.B. NJW 2009, 1947), wonach insbesondere im Gewerbemietrecht nachvertragliche Verpflichtungen bestehen können, wenn durch eine Kappung existenzielle Risiken für den Mieter drohen.
Jens Schulte-Bromby