Hintergrund
Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte über die persönliche Haftung eines Alleingesellschafters für ein Firmendarlehen zu entscheiden. Die Besonderheit: Der Gesellschafter machte geltend, als Verbraucher gehandelt zu haben – und berief sich auf Verbraucherschutzvorschriften, insbesondere das Widerrufsrecht und die Sittenwidrigkeit der Mithaftung.
Der Fall im Überblick
Ein Unternehmer hatte als Alleingesellschafter und Geschäftsführer seiner GmbH im Rahmen eines Kreditvertrags persönlich die Mithaftung als Gesamtschuldner übernommen. Das Darlehen diente dem geschäftlichen Zweck, den Markteintritt in der Türkei zu ermöglichen.
Die Klägerin – die Kreditgeberin – forderte später die Rückzahlung der Kreditsumme in Höhe von 65.000 € vom Gesellschafter. Dieser weigerte sich unter Berufung auf Verbraucherschutz: Der Schuldbeitritt sei nicht widerruflich belehrt worden, der Vertrag damit nichtig (§ 494 BGB). Außerdem sei er durch die Haftung finanziell überfordert und der Vertrag deshalb sittenwidrig (§ 138 BGB).
Das OLG Stuttgart wies diese Argumentation zurück.
Die Entscheidung des Gerichts
Das OLG bestätigte: Der Gesellschafter haftet für die Rückzahlung des Darlehens.
Kein Verbraucherdarlehen: Der Kredit diente einem rein unternehmerischen Zweck der GmbH. Eine Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften kam daher nicht in Betracht.
Keine Verbrauchereigenschaft des Gesellschafters: Zwar kann ein Gesellschafter in Ausnahmefällen als Verbraucher handeln – etwa, wenn er sich aus rein privaten Motiven zur Haftungsübernahme entschließt. Im vorliegenden Fall handelte der Beklagte jedoch in seiner Funktion als Geschäftsführer und wirtschaftlich Berechtigter der GmbH. Die persönliche Haftung war Voraussetzung für die Kreditvergabe und daher gewerblich motiviert.
Keine analoge Anwendung der Rechtsprechung zur familiären Mithaftung: Anders als etwa Ehepartner oder Eltern, die sich aus emotionaler Bindung zur Mithaftung bewegen lassen, hat der Gesellschafter ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Erfolg des Unternehmens. Die besondere Schutzwürdigkeit naher Angehöriger greift hier nicht.
Fazit für die Praxis
Die Entscheidung macht deutlich: Gesellschafter-Geschäftsführer haften bei Darlehensverträgen regelmäßig nicht als Verbraucher, wenn sie im Rahmen ihrer gesellschaftsrechtlichen Rolle handeln. Der Verbraucherschutz – etwa Widerrufsrechte oder Schutz vor finanzieller Überforderung – greift nicht, wenn die Mithaftung wirtschaftlich motiviert ist und die berufliche Stellung im Vordergrund steht.
Für Darlehensgeber bedeutet dies Rechtssicherheit, wenn sie bei fehlenden Sicherheiten auf eine persönliche Haftung des Gesellschafters setzen.
Für Gesellschafter ist Vorsicht geboten: Eine persönliche Haftung kann sich schnell realisieren – auch wenn das Unternehmen selbst den Kredit aufgenommen hat.
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Markus Jansen