Eine Verletzung der im Mietvertrag festgelegten Betriebspflicht durch den Mieter kann dem Vermieter unter bestimmten Bedingungen das Recht zur fristlosen Kündigung geben. Auch wenn diese Situation nicht explizit im Gesetz (§ 543 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB) beschrieben wird, kann der Vermieter die Kündigung auf die Generalklausel des § 543 Abs. 1 BGB stützen.
Sachverhalt
Die Mietparteien schlossen einen gewerblichen Mietvertrag, der den Betrieb einer Cafeteria mit südländischen Spezialitäten vorsah. Allerdings fehlte hierfür eine notwendige baurechtliche Genehmigung. Daher vereinbarten die Parteien in einem Nachtrag, die Mietfläche vorübergehend als Drogeriemarkt zu nutzen. Nachdem der Mieter den Drogeriemarkt 2018 schloss und die Mietfläche nicht mehr nutzte, beantragte er 2019 und 2020 eine Nutzungsänderung, zunächst für ein Café und später für ein Restaurant.
Im Januar 2020 forderte der Vermieter den Mieter zur Einhaltung der Betriebspflicht auf. Obwohl die Genehmigung zur Nutzung als Restaurant im Januar 2021 erteilt wurde, kam es zu weiteren Verzögerungen. Im April 2021 erteilte der Vermieter eine Abmahnung, und im Juli 2021 folgte die Kündigung wegen Verletzung der Betriebspflicht. Im August 2021 eröffnete der Mieter schließlich das Restaurant.
Entscheidungsgründe
Das OLG Hamburg entschied, dass die Kündigung unwirksam sei. Der zentrale Grund war, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände dem Vermieter zumutbar war. Im Detail berücksichtigte das Gericht zwei wesentliche Faktoren:
1. Fehlende öffentlich-rechtliche Genehmigungen
Der Mieter hatte seit Beginn des Mietverhältnisses Schwierigkeiten, die vertraglich vorgesehene Nutzung umzusetzen, da eine baurechtliche Genehmigung für die Cafeteria fehlte. Auch die späteren Anträge auf Nutzungsänderung verzögerten den Betrieb erheblich. Das Gericht erkannte, dass diese Genehmigungshindernisse dem Mieter nicht voll angelastet werden konnten, und dies stellte einen gewichtigen Umstand dar, der gegen eine fristlose Kündigung sprach.
2. Corona-Pandemie
Die außergewöhnlichen Umstände der Corona-Pandemie, insbesondere die Lockdowns und die staatlichen Einschränkungen, hatten den Betrieb von Geschäften, insbesondere in Einkaufszentren, stark beeinträchtigt. Das Gericht stellte fest, dass es dem Mieter während der Pandemie nicht möglich gewesen wäre, den Betrieb in wirtschaftlich sinnvoller Weise aufrechtzuerhalten. Dies milderte die Schwere des Verstoßes gegen die Betriebspflicht erheblich.
Die Abwägung dieser beiden Faktoren führte das Gericht zu der Entscheidung, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter trotz der Verletzung der Betriebspflicht zumutbar war. Die Kündigung wurde daher als unwirksam angesehen.
Praktische Hinweise
Ein Vermieter sollte bei Verletzungen der Betriebspflicht zeitnah handeln und rechtliche Schritte einleiten. Eine zu lange Duldung kann dazu führen, dass die Durchsetzbarkeit der Betriebspflicht erschwert wird. Zudem kann eine widerspruchslose längere Schließung des Betriebs zu einer Aufhebung der Betriebspflicht führen, wie es bereits durch den Bundesgerichtshof entschieden wurde.
Jens Schulte-Bromby, LL.M.