Die Europäische Union plant die Einführung einer standardisierten EU-Gesellschaftsbescheinigung (EUGB), um den grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr zu vereinfachen. Ziel ist es, Übersetzungs- und Legalisationsaufwand zu reduzieren und Unternehmen eine verlässliche Quelle für Gesellschaftsinformationen zu bieten.
Bedeutung zuverlässiger Gesellschaftsinformationen
Im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr sind zuverlässige Informationen über Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Derzeit müssen Unternehmen auf nationale Handelsregisterdaten zurückgreifen, die jedoch in Qualität und Umfang stark variieren. Insbesondere Länder wie Malta, Zypern und Irland bieten oft keine verlässlichen Informationen zur Vertretungsbefugnis. Die EU plant daher, diese divergierenden Standards zu harmonisieren.
Der Entwurf der Richtlinie zur EUGB
Im März 2024 einigten sich der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament auf einen Entwurf zur „Richtlinie zur Ausweitung und Optimierung des Einsatzes digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht“ (GesRRL-E). Herzstück der Richtlinie ist die EU-Gesellschaftsbescheinigung, die künftig als „Ausweis“ für Kapital- und Personengesellschaften im grenzüberschreitenden Verkehr dienen soll. Die EUGB ist vergleichbar mit dem deutschen Handelsregisterauszug.
Inhalt der EUGB
Die EUGB enthält wichtige Informationen über Kapitalgesellschaften (z.B. AG, GmbH) und Personenhandelsgesellschaften (z.B. OHG, KG), darunter:
Name der Gesellschaft
Rechtsform
Sitz der Gesellschaft
Kontaktanschrift
Tag der Eintragung
Gezeichnetes Kapital (nur bei Kapitalgesellschaften)
Vertretungsberechtigte Personen und deren Vertretungsmacht
Zweck und Dauer der Gesellschaft
Status der Gesellschaft (Insolvenz, Liquidation, wirtschaftlich aktiv/inaktiv)
Ausstellung und Verfügbarkeit
Die EUGB wird auf Antrag durch die nationalen Register sowohl elektronisch als auch in Papierform ausgestellt. Zusätzlich wird eine elektronische Fassung über das Business Registers Interconnection System (BRIS) verfügbar sein. Seit 2017 vernetzt BRIS die Unternehmensregister aller EU-Mitgliedstaaten, und Informationen sind öffentlich abrufbar.
Anerkennung und Publizität
Die EUGB wird in allen Mitgliedstaaten anerkannt. Nationale Stellen dürfen die in der EUGB enthaltenen Informationen nicht überprüfen, es sei denn, es bestehen begründete Zweifel an der Echtheit der Bescheinigung. Bei Verdacht auf Missbrauch oder Betrug müssen die zuständigen nationalen Stellen kontaktiert werden.
Aktualität der Informationen
Die in der EUGB enthaltenen Informationen müssen regelmäßig aktualisiert werden. Gesellschaften sind verpflichtet, Änderungen innerhalb von 15 Arbeitstagen dem nationalen Register zu melden. Bei Nichteinhaltung dieser Pflicht sollen wirksame und verhältnismäßige Sanktionen sichergestellt werden.
Sprachliche und finanzielle Aspekte
Die Kommission wird ein Muster für die EUGB in allen Amtssprachen der EU veröffentlichen. Unklar bleibt, ob die EUGB in allen Sprachen ausgestellt werden muss. Die Ausstellung der EUGB soll grundsätzlich kostenfrei erfolgen. Nur bei erheblichem finanziellen Aufwand dürfen Verwaltungskosten erhoben werden. Mindestens einmal jährlich soll die Gesellschaft ihre EUGB kostenfrei erhalten.
Fazit und Praxisanmerkungen
Die Einführung der EUGB kann den grenzüberschreitenden Rechtsverkehr in der EU deutlich vereinfachen und Bürokratiekosten reduzieren. Allerdings bleibt das Risiko ungenügender Kontrolle der Aktualität der Daten. Besonders in Mitgliedstaaten, deren Registerinformationen noch nicht den neuen Standards entsprechen, muss die Umsetzung der Richtlinie genau beobachtet werden. Eine klare Regelung zur Verlässlichkeit der EUGB-Angaben wäre wünschenswert, um das Vertrauen in die neuen Standards zu stärken.
Für weitere Informationen und Beratung stehen wir Ihnen auf www.jusra.de gerne zur Verfügung.
Markus Jansen