Der Bundesgerichtshof hat sich kürzlich einer Entscheidung mit der Umlage von Warmwasserkosten auf den Mieter im Falle eines hohen Wohnungsleerstands in einem Mehrfamilienhausbeschäftigt.
Die Klägerin, eine Wohnungsbaugenossenschaft, hatte der Beklagten eine Wohnung in einem 28-Familien-Haus in Frankfurt (Oder) vermietet. Da das Haus im Rahmen der Stadtplanung abgerissen werden sollte, waren Ende 2011 nur noch wenige Wohnungen belegt. Der erhebliche Wohnungsleerstand hatte zur Folge, dass die für eine große Leistung und viele Wohnungen ausgelegte Heizungs- und Warmwasseranlage gemessen an dem geringen Verbrauch der wenigen verbliebenen Mieter nicht mehr kostengünstig arbeitete.
Die Klägerin legte von den im Abrechnungsjahr 2011 angefallenen Warmwasserkosten (7.848,61 €) 50 % nach Wohnflächenanteilen um, 50 % der Kosten berechnete sie nach dem Verbrauch. Von dem Gesamtverbrauch im Gebäude (78,220 m³) entfielen 23,820 m³ auf die Beklagte. Daraus errechnete die Klägerin einen Verbrauchskostenanteil von 1.195,06 € (3.924,31 € : 78,22 m³ x 23,82 m³). Hiervon stellte sie der Beklagten "aus Kulanz" allerdings lediglich die Hälfte (597,53 €) in Rechnung. Die Beklagte weigerte sich, Nachzahlungen zu erbringen, da die Klägerin die Warmwasserkosten aufgrund des hohen Leerstandes im Haus nicht nach Verbrauch, sondern ausschließlich nach der Wohnfläche habe umlegen dürfen.
Die auf Zahlung der Betriebskostennachforderung gerichtete Klage hatte in erster Instanz überwiegend Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin hatte Erfolg.
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die von der Klägerin vorgenommene Berechnung auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 HeizkostenV* aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Auch bei hohen Leerständen bleibt es grundsätzlich bei der gesetzlich vorgegebenen Abrechnung, wonach die Kosten zu mindestens 50 % nach Verbrauch umzulegen sind. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt eine analoge Anwendung von § 9a HeizkostenV** nicht in Betracht, denn die in § 9a HeizkostenV geregelten Fälle, in denen aus zwingenden technischen Gründen eine Verbrauchserfassung nicht möglich ist, sind mit dem hier in Rede stehenden Fall einer jetzt unwirtschaftlich arbeitenden Heizungsanlage nicht vergleichbar.
Allerdings kann die strikte Anwendung der Vorgaben der HeizkostenV bei hohen Leerständen in Einzelfällen zu derartigen Verwerfungen führen, dass eine angemessene und als gerecht empfundene Kostenverteilung nicht mehr gegeben ist. Diesen Fällen kann mit einer aus dem Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abzuleitenden Anspruchsbegrenzung Rechnung getragen werden. Ob eine solche Anspruchskürzung geboten ist, um die beiderseitigen Interessen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, obliegt grundsätzlich der Beurteilung des Tatrichters. Im vorliegenden Fall konnte der Senat die Beurteilung selbst vornehmen, da keine weiteren tatsächlichen Feststellungen zu treffen waren. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin in Anwendung von § 8 Abs. 1 HeizkostenV bereits den für die Beklagte günstigsten Maßstab (50 %) gewählt hat und von dem sich so ergebenden Betrag lediglich die Hälfte geltend macht, so dass sich für die knapp 50 qm große Wohnung der Beklagten für Heizung und Warmwasser ein zwar hoher, aber nicht völlig untragbar erscheinender Betrag von rund 1.450 € ergibt. Auf der anderen Seite hat auch die Klägerin - ohne für die leerstehenden Wohnungen Mieteinnahmen zu erhalten - schon über den Wohnflächenanteil - beträchtliche Kosten zu tragen und muss es insoweit ihrerseits ebenfalls hinnehmen, dass die angesichts des Leerstandes unwirtschaftliche Heizungsanlage erhebliche Mehrkosten verursacht. Insgesamt erscheint es daher nicht unangemessen, dass auch die Mieter einen nicht ganz unerheblichen Teil der leerstandsbedingten Mehrkosten zu tragen haben. Eine weitere Anspruchskürzung über den von der Klägerin bereits freiwillig abgezogenen Betrag hinaus ist deshalb auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht geboten.
Urteil vom 10. Dezember 2014 – VIII ZR 9/14
Quelle: Pressestelle Bundesgerichtshof
Jens Schulte-Bromby, LL.M.